Komm' wir schauen mal nach dem Osten!

Monat: Dezember 2024

Die geleerte Stadt

Es ist ja so, dass alle Gebäude bis 200m zum See geleert und abgerissen wurden. Der Fuxian soll als Trinkwasserspeicher erhalten bleiben, der Tourismus auf und im Wasser ist nicht mehr erlaubt. Gestern war ich dann an einem seltsamen Ort. Es war die geleerte Stadt.

Auf dem Weg yu dieser Stadt waren bereits überall Warnschilder zu lesen: Drohnenfliegen verboten, Wege dürfen nicht verlassen werden, Fotografieren eingeschränkt. Wirklich seltsam.

Als wir dort ankamen, war dann klar, was Sache ist. Eine chinesische Werft. Hinter hohem Sichtschutz. Meiner Frau verging das Lachen, sagte ich doch ein paar Tage zuvor, dass das große, graue Schiff dort im Nebel aussieht wie ein Militärschiff.

In dieser geleerten Stadt gibt es 2 uralte Tempel, die der Grund für unseren Besuch waren. Die Frau, welche einen Tempel beaufsichtigt hat uns dann erklärt, dass diejenigen, die aufgrund des Naturschutzes ihr Haus abgeben mussten nur eine kleine Entschädigung erhalten haben. Diejenigen, die wegen des „Regierungsprojektes“ raus mussten, haben 1 Million RMB pro Etage erhalten. Das ist bei 2-3 Etagen der Freibrief zur Rente.

Neben dem einen Tempel steht ein Haus, welches unbewohnt sein sollte.

Fensterglas zerbrochen, fehlende Fenster…………..aber, ein unscheinbarer Hinweis darauf, dass dort noch jemand wohnt! Wie man sieht, fehlen die Leitungen am Strommast rechts im Bild. Bis auf zwei Drähte, die den Strommasten nur als Aufhängung verwenden und rechts aus dem Bild laufen. Dort sind die ans öffentliche Stromnetz angeschlossen. Links laufen die Drähte über dem rostroten Tor in das Gebäude rein. Dort lebt noch heimlich jemand.

Man hat mich eindringlich davor gewarnt, das „Regierungsprojekt“ zu fotografieren. Davon, die geleerte Stadt abzulichten, hat mich niemand gewarnt.

Diese alten und baufälligen Gebäude werden vom Personal des unaussprechlichen Projektes bewohnt.

Doch nun zu den Tempeln.

Guan Sheng Gong Tempel

Der Tempel ist natürlich relativ verfallen. Die Stadt ist nahezu leer und nur die Verwalterin und ihre 89 jährige Mutter leben noch im Tempel.

Mein Frau hat diese Fotos geschossen und wie bei Menschen aus Fleisch und Blut schneidet sie auch bei Gottheiten die Köpfe beim Fotografieren ab. Ich liebe ihre Konsequenz!

Wen Chang Tempel

Der zweite besuchte Tempel in der geleerten Stadt war der Wen Chang Tempel. Wie ihr richtig bemerkt habt, man muss das von rechts nach links lesen!

文昌寺。Ein Mann von 63 Jahren hielt uns eine Stunde lang einen Vortrag. Eigentlich sollte der Tempel auch längst abgerissen sein. Aber, es ranken sich Geschichte und Legenden um den Tempel.

Anfang September 2022 sollten die Arbeiten beginnen und der Tempel abgerissen werden. Am 05. September gab es dann ein Erdbeben in Sichuan, welches am Tempel zu spüren war. Der Höchstwert betrug 6,6.

Seither hat sich niemand mehr getraut, den Tempel abreißen zu wollen.

Aber auch hier, der Tempel ist vom Stromnetz getrennt. Weiterhin, und das ist kein Witz, haben wir es gerade noch geschafft, dort mit dem Auto wieder wegzukommen. Solange wir dort waren wurden Löcher in die Betonstraße gebohrt und es wurde damit begonnen, ein Tor zu installieren.

600 Jahre alt sei der Stein für die Räucherstäbe.

Es war hoch interessant, den Geschichten dieser beiden Alten in den Tempeln zu lauschen.

Ein Blick in Google Maps und hier Satellitenbild ausgewählt zeigt das Ausmaß der Entfernung der Gebäude.

Biyun Tempel

Auch mehrere Jahre nach dem ersten Besuch am Fuxian gibt es noch Orte, die es zu erkunden gilt. Diesmal war also der Biyun Tempel dran. Der Biyun Tempel befindet sich an der Westseite des Fuxian Sees und liegt zu Füßen der Berge dort. Die Tempelanlage – denn es ist nicht nur ein Gebäude – ist über einen Hügel verstreut. Diese Gebäude sind über Treppenstufen miteinander verbunden.

Ein paar Daten

Der Biyun Tempel wurde 1404 erbaut, was in die Ming Dynastie fällt. Der Tempel verfiehl mehrmals und wurde bis 1922 immer wieder renoviert. Während der 10 Jahre andauernden Kulturrevolution wurde der Tempel komplett zerstört. Dann wurde der Tempel 1985 wieder neu errichtet. Der Tempel bedient die Anhänger des Taoismus, enthält aber auch Elemente des Buddhismus.

Man erkennt das sehr schön an den verwendeten Worten auf dem Weg zum Tempel. Dieses Wort wird dào gesprochen und kann unter anderem „Weg“ bedeuten. Also, ein klarer Hinweis auf den Daoismus, welcher 1949 von den Kommunisten verboten wurde. Seine Anhänger wurden umerzogen und die Zahl der Anhänger sank innerhalb von 10 Jahren um 99%. Wen wundert es?

Heutzutage ist es eine anerkannte Glaubensrichtung in China. Der Biyun Tempel ist meiner Meinung nach eine Mischung aus Daoismus und Buddhismus.

Als Ausländer, der das von außen betrachtet, kann ich nur den Kopf schütteln, wie Buddhismus und Daoismus in China „praktiziert“ werden. Das hat mit einem Leben um sich weiter zu entwickeln nichts zu tun. Die beten hier nicht nur für Gesundheit, die beten hier auch für Reichtum. Es sind meistens auch irgendwelche lokale Gottheiten in den Tempeln zu sehen. Das passt für mich alles nicht wirklich zusammen.

Wenn man ein Leitbild des Taoismus kennt:

Ein einfaches Leben führen, die Nutzung der Ressourcen auf ein Minimum beschränken und die Großzügigkeit der Natur nicht überstrapazieren .

……………..und dann an China denkt………………………

Der steinige Weg

Der Weg durch die Tempelanlage ist steil und beschwerlich. Der Biyun Tempel ist über den ganzen Hügel verstreut.

Wir waren die einzigen, die an diesem Tag dort waren. Außer den Angestellten, welche die Anlage überwachen und Videos schauend dort sitzen.

Es gibt einen Tag im Jahr, an welchem hier totale Überfüllung herrscht. Um den 3. März pilgern Scharen von Touristen hier hoch und beten für ein erfolgreiches und gesundes Jahr. Nach Aussagen der Angestellten hat allein die Art und Weise, wie sich die Scharen hier hochboxen nichts mit den beiden Religionen zu tun. Hier herrscht dann, wie in China üblich, der Egoismus und der Einsatz körperlicher Kraft vor.

Rote Bänder mit Wünschen drauf geschrieben. Kann man per Selbstbedienung entnehmen und per WeChat Scan bezahlen.

Satellitenempfang für die Angestellten…………….

Da die Anlage nicht gut besucht ist, außer eben Anfang März, brannten auch keine Räucherstäbe und der oft typische Tempelgeruch und die durchziehenden Rauchschwaden, welche oft für eine mystische Stimmung sorgen fehlten komplett.

Interessant war es allemal.

Kurzmitteilung. Weihnachten ist natürlich kein chinesisches Fest. Nun, vielleicht für die paar Christen, welche in manchen Städten leben, aber zum Großteil sind Chinesen eben keine Christen und kennen weder die Bedeutung von Weihnachten, noch Ostern.

Das ist aus meiner Sicht auch in Ordnung und ich fände es tatsächlich besser, wenn in den Städten und Hotels eben keine Weihnachtssymbolik gezeigt würde. Dies geschieht nur, um den Kommerz anzukurbeln – mehr steckt da nicht dahinter.

Was aber dieses Jahr in China abläuft habe ich so noch nicht erlebt. Brennende Weihnachtsbäume.

In Chengdu brannte ein Weihnachtsbaum lichterloh und das Netz ist voller Hasskommentare. Man kann sehr schön erkennen, wie gespalten dieses Land eigentlich ist.

Die Hasskommentare beziehen sich alle auf die Schlacht am Changjin See 1950.

Das sagt Wikipedia.

Das Problem ist, dass das Nationalgefühl und der Hass auf alle anderen in China durch Filme wie diesen noch geschürt werden.

Im Netz sind jetzt also jede Menge Kommentare zu lesen, die grundsätzlich dazu aufrufen alle Weihnachtssymbole zu vernichten. Dieser brennende Baum wird gefeiert.

Toleranz funktioniert anders.

Meine persönlichen Eindrücke sind, dass China seit COVID immer intoleranter und aggressiver wird. Dies wird durch die aktuellen wirtschaftlichen Probleme noch beschleunigt.

Videos von aufeinander einprügelnde Fahrgästen in den Metros, aufgrund von Streitigkeiten um einen Sitzplatz oder von Verkehrsteilnehmern nach einem leichten Blechschaden sprechen hier Bände. Dieses Volk verroht zusehends.

Offizielle Erklärung für den abgebrannten Baum war eine Zigarettenkippe. Nun, es könnte auch an der Qualität der chinesischen Lichterketten gelegen haben. Wer weiß das schon.

Weihnachtsessen

In China wird Weihnachten nicht direkt gefeiert. Hier in Yunnan, am Fuxian See sieht man fast gar keine Weihnachtssymbole ausserhalb des HILTON Hotels. So wird auch kein Weihnachtsessen angeboten – was ja nicht bedeutet, dass man nicht trotzdem gut essen kann. In diesem Sinne: hier unser Weihnachtsessen.

Hinter dem HILTON gibt es diesen Hügel, mit den leer stehenden Wohnungen und Häusern. Angeblich sind diese Gebäude von März bis September gut belegt. In diesen Gebäuden gibt es auch Restaurants und in einem davon waren wir.

Dieser Hügel nennt sich Sun Shan – in etwa „Sonnenhügel“. Außerhalb der Saison ist das aber der Arsch der Welt. Man will dort nicht wohnen.

Also einen Tisch gebucht und nix wie hin – am Weihnachtsabend.

Alles streng alkoholfrei – als Ausländer willst Du in China nicht mit mehr als 0,0 Promille erwischt werden.

Der Tisch war bereits eingedeckt.

Meine Frau und ich waren uns einig: die Austern waren extrem lecker.

Das Blätterteigzeugs nix besonderes, zu viel Fleisch, der Meeresfrüchte-Topf zu zitronenlastig durch das Lemongrass und die Nachspeise zu süß,

Frohe Weihnachten!

Das Beste war natürlich die Lage des Restaurants hoch über dem See und der Sonnenuntergang gegenüber.

Bei den Fischern

Nachdem wir bereits einige Tage wieder in Yunnan am Fuxian See sind, haben wir heute mal wieder bei den Fischern vorbeigeschaut. Es sieht hier zwar überall aus wie in einem botanischen Garten, der Klimawandel geht aber nirgends spurlos vorrüber. Auch nicht bei den Fischern.

Im Vergleich zum letzten Jahr ist der Wasserstand wieder gesunken. Dramatisch gesunken.

Es ist eine kleine Runde zu Fuß vom Hotel zu den Fischern. 10 000 Schritte, also eine machbare Runde. Auf dem Weg dorthin wird mir immer klar, dass die Farbe Blau, nirgends so blau erscheint wie in Yunnan. Das ist jedesmal aufs Neue überwältigend.

Auf die Bilder klicken, um diese am PC zu vergrößern. Das Handy einfach quer drehen.

Harte Arbeit

Die Fischer verrichten harte Arbeit, sie fahren zwischen 17 und 18 Uhr raus und werfen die die Netze aus. Dann kehren die aber nicht zurück sondern schlafen in ihren Kojen.

Hier mal ein paar Impressionen, wie es bei den Fischern aussieht.

Bei den Fischern müssen alle mithelfen. Die Frauen prüfen und verstauen die Netze.

Ist der Mann noch nicht zurück, dann wird geduldig gewartet.

Eine allzu karge Ausbeute, für so viele Fischer und so viele Stunden Arbeit. Im Gespräch sagten die Fischer mir, dass es jedes Jahr weniger Fische gibt. Die Ausbeute sind zwei Eimer mit 2-5cm langen Fischen…………….Diese Fische wurden im Fuxian Lake zuvor ausgesetzt. Es handelt sich um Silberfische aus dem Taihu, einem See nahe Shanghai.

Große Fische gibt es hier kaum mehr. In den Restaurants rund um den See dagegegen gibt es große Fische als „Steamed Fish“. Nur eben nicht aus dem Fuxian See. Die sind alle gezüchtet.

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